Im Gefolge der Reichsgründung von 1871 und den sich hieran anschließenden Internationalisierungstendenzen wurden Auslandsaufenthalte bei deutschen Studenten beliebt. Ein wichtiges Ziel im französischsprachigen Raum wurde Lausanne, besonders für Jura-Studenten. Die Stadt lag ausgesprochen reizvoll, außerdem bot die Juristische Fakultät am Sitz des schweizerischen Bundesgerichts viele Möglichkeiten. In den 1880er Jahren stieg die Zahl der deutschen Studierenden deutlich an. Der Berliner Heinrich Erman, seit 1883 Professor in Lausanne, hielt seit dem Wintersemester 1886/87 deutschsprachige Vorlesungen, damals noch zum römischen Recht. Nachdem 1896 in Deutschland das BGB verabschiedet worden war (in Kraft getreten am 1.1.1900), las Erman ab 1897 zum neuen deutschen Zivilrecht. Hieraus entwickelte sich eine Tradition, die bis zum heutigen Tag anhält. Unterbrechungen des Programms gab es im Zusammenhang mit erstem und zweitem Weltkrieg. Der Unterricht im deutschen Recht war nicht auf Zivilrecht beschränkt, sondern umfasste auch das Strafrecht und das öffentliche Recht. Es war durchaus üblich, das Studium in Lausanne nicht nur fortzusetzen, sondern direkt dort zu beginnen. Kleine und große Scheine wurden gleichermaßen angeboten. Heute wendet sich das Programm an Studierende im mittleren Studienabschnitt, die in Lausanne zugleich von dem reichhaltigen Angebot in Rechtsvergleichung und internationalem Recht profitieren möchten. Literaturempfehlung zur Geschichte und Bedeutung des Lehrstuhls für deutsches Recht in Lausanne: Gratiae Fructus, Festschrift zu Ehren der Universität Lausanne anläßlich des 100 jährigen Bestehens des deutschen Rechtsunterrichts 1997, herausgegeben von der Korporation Germania Lausanne (enthält u.a. einschlägige Beiträge ehemaliger Inhaber des Lausanner Lehrstuhls für deutsches Recht, Professoren Karl Heinz Neumayer, Ulrich Immenga und Fritz Sturm)